Walther von der Vogelweide

Viele Orte und Gegenden beanspruchen für sich das Recht, der Heimatort des berühmtesten Dichters und Minnesängers aus dem Mittelalter zu sein. Neue Forschungen weisen darauf hin, dass die Stollburg auf dem Stollberg bei Oberschwarzach/Handthal der tatsächliche Geburtsort des Walther von der Vogelweide war.                                                                                                                     

Ich saz ûf eime steine
und dahte bein mit beine,
dar ûf satzt ich den ellenbogen;
ich hete in mîne hant gesmogen
daz kinne und ein mîn wange.
dô dâhte ich mir vil ange,
wie man zer welte solte leben.
deheinen rât kond ich gegeben,
wie man driu dinc erwurbe,
der keines niht verdurbe.
diu zwei sint êre und varnde guot,
daz dicke ein ander schaden tuot.
daz dritte ist gotes hulde,
der zweier übergulde.
die wolte ich gerne in einen schrîn:
jâ leider desn mac niht gesîn,
daz guot und weltlich êre
und gotes hulde mêre
zesamene in ein herze komen.
stîg unde wege sint in benomen;
untriuwe ist in der sâze,
gewalt vert ûf der strâze,
fride unde reht sint sêre wunt.
diu driu enhabent geleites niht,
diu zwei enwerden ê gesunt

Gerhard Wagner aus Würzburg hat in jahrelanger Forschungsarbeit den Geburtsort des mittelalterlichen Dichters in den Steigerwald datiert. In einer 40-seitigen Expertise stellt er die geschichtlichen und familiären Zusammenhänge im Leben des Walther von der Vogelweide aus seiner Sicht und Forschung dar. Ich will versuchen, diese in Kurzform hier wiederzugeben. Seine Recherchen sind gründlich und logisch aufgebaut, ein Widerlegen dürfte ohne schriftliche Beweise, die es natürlich nicht gibt, unmöglich sein.

Gesichert war im Leben des Walther von der Vogelweide lediglich, dass er von etwa 1170 bis 1230 lebte.

Als Grundlage der Forschung gilt eine glaubhafte würzburger Überlieferung aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, wonach Walther von der Vogelweide im Kreuzgang des Neumünsterstifts begraben liegt.

Es liegt also die Vermutung nahe, dass auch sein Geburtsort hier zu finden sei, zudem er auch mit Lehen hier begütert war.

Der Namenszusatz „von der Vogelweide“, der jahrelang als Anhaltspunkt für die Forschung galt, ist wahrscheinlich nur ein Pseudonym des bekannten Künstlers um seine Herkunft zu verschleiern, und um mit einem wohlklingenden Namen seine Werke zu signieren.

Die Suche nach den eigentlichen familiären Verhältnissen  gestaltet sich gerade wegen dieses Pseudonyms und fehlender Aufzeichnungen über die Herkunft des Dichters überaus schwierig.

Hier half die Tatsache, dass im 12. Jahrhundert allgemein die Sitte galt, den Erstgeborenen nach dem Vater zu nennen, des weiteren muss man den Minnesänger wegen des Lehens und der Grabstelle als Sohn eines Edlen oder Ministerialen Würzburgs sehen, ein anderer hätte damals keine Rechte an diesen Vergünstigungen geltend machen können.

Dieses Wissen angewandt stellte sich sodann heraus, dass in der ermittelten Zeitspanne (also von 1150 bis 1170) nur acht Personen urkundlich erwähnt sind, welche als Vater des Sängers in Frage kommen.

Ein weiterer Hinweis, eigentlich der Bedeutendste, kommt nicht etwa von Urkunden oder Lehenbüchern, sondern ist in einem Gedicht Walthers zu finden, in dem er sich über sein Lehen beklagt. Er schrieb, König Friedrich II habe ihm Werte von 30 Mark Silber verliehen, doch sehe er nichts davon, weil auch die Pfaffen (die Geistlichen) darüber disputierten.

Nun, ein königliches Lehen, bei dessen Vergabe die Pfaffen mitzureden haben, kann nur ein Lehen sein, das Friedrich II von der Kirche hat. Es gab tatsächlich ein Lehen im Werte von 30 Mark Silber unter Kirchenhoheit ob dem König  – die im Jahre 1151 urkundlich erwähnte Vogtei Herlheim, mit der damals der Königssohn Friedrich von seinem Vater König Konrad III belehnt war, und die dieser wiederum an einen Edelfreien namens Walther verliehen hat.

Außer mit der Vogtei Herlheim war dieser Edelfreie auch mit dem Gut Stollberg und dem Steigerwald belehnt.

Die bereits erwähnte Erblichkeit der Namen und der Lehen, berechtigt zwingend zu der Annahme, dass Walther von der Vogelweide ein Nachfahre dieses Edelfreien Walther ist und deshalb Erbansprüche auf die Vogtei Herlheim geltend machen konnte.

Der Edelfreie Walther war bei Hofe König Konrads III hoch angesehen, der König nannte ihn mehrmals seinen „Getreuen“, er wurde des öfteren mit botschaftlichen Missionen im Namen des Königs beauftragt. Zum Beispiel gehörte er neben Bischof Embricho und den beiden Ebracher Klostergründern Berno und Richwin aus Oberschwarzach zu einer Gesandtschaft, die 1145 an den byzantinischen Kaiserof geschickt wurde.

Sein reger Kontakt zu den verschiedenen Königshäusern erklärt auch die gute Aufnahme seines Sohnes - Walther von der Vogelweide - am Babenberger Hof in Wien, wo er nach eigenen Angaben seine Begabung zur Dichtkunst  verfeinerte sowie den Minnesang erlernte.

Nach dem frühen Tod seines Lehensherren zog sich der Edelfreie Walther aus der Politik zurück und gleichsam auf seine Burg im Steigerwald.

Er heiratete wahrscheinlich im Jahre 1168 in bereits höherem Alter die wesentlich jüngere Tochter eines Rothenburger Reichsministerialen mit Namen Mechthild.

Diese eigentlich Unstandesgemäße Ehe erklärt den Abstieg des „Edelfreien Adligen“ in die Ministerialität, demzufolge waren auch die Nachkommen nur noch Ministeriale und keine Edelleute mehr.

Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor, Walther und Arnold, letzterer trat nach einer zu jener Zeit gültigen Regel als Zweitgeborener in das Domkapitel Würzburg ein und brachte es dort bis zum Domdekan und zum Stiftspropst von St. Gumbert in Ansbach.

Diese Regel besagte, dass der Erstgeborene die väterlichen Güter erbte, wohingegen der nächste Nachkomme bei der Kirche in höherer Stellung untergebracht wurde, um über den Clerus eine Einflussnahme zu haben.

Walther erblickte vermutlich im Jahre 1169 das Licht der Welt, sein Bruder Arnold ein Jahr später.

Noch in jungen Jahren schloss sich Walther dem Kreuzzug  des Kaisers  an und gelangte so nach Wien, wo er wieder aus dem Kreuzheere ausschied und seine Karriere als Sänger und Dichter begann

Nach längerer Zeit in der Fremde wird Walther dann vom Würzburger Bischof und dem Kaiser seine väterlichen Lehen in Herlheim empfangen haben.

Dort wo jetzt unterhalb der Burg der Ort Handthal liegt war damals ein menschenleeres Gebiet, dessen Name auf die Siedlung übergegangen ist: Es wurde Hagental oder Hantal genannt, worunter man sich einen Vogelhort oder eine Falknerei vorstellen darf.

Von diesem Platze kam vermutlich auch das Pseudonym des Künstlers

                                   „ von der Vogelweide“.

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Wappen W.v.d. Vogelweide

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